Ein Blick in diese medizinrechtliche Urteilssammlung ersetzt keine rechtliche Beratung - für konkrete Fragestellungen wenden Sie sich bitte in unserer Kanzlei an:
Dr. jur. Dipl. Ing. Wilfried Seehafer
Rechtsanwalt - Mediator ............
Fachanwalt für Medizinrecht und Steuerrecht
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+++ Arzthaftung Behandlungsfehler +++
BGH - OLG München - LG München I
22.5.2012
VI ZR 157/11
Zur Einstandspflicht des Arztes für die Folgen eines Zweiteingriffs durch einen nachbehandelnden Arzt, der erforderlich wird, weil dem vorbehandelnden Arzt beim Ersteingriff ein Behandlungsfehler unterlaufen ist.
+++ Arzthaftung Sachverständiger +++
OLG Naumburg - LG Halle
30.12.2011
10 W 69/11
1. Ein Sachverständiger, der das Vorliegen eines Behandlungsfehlers prüfen soll, überschreitet seinen Gutachtenauftrag, wenn er sich ausführlich mit der Frage auseinandersetzt, ob der Patient hinreichend aufgeklärt worden ist und anschließend die Führung der Dokumentation einer detaillierten Kritik unterzieht und zwar nicht im Hinblick auf die
Nachvollziehbarkeit des Behandlungsverlaufs, sondern im Sinne einer äußeren Ordnung. Befasst er sich abschließend mit der Berechtigung einer bestimmten Schmerzensgeldhöhe unter Betrachtung - im Einzelnen zum Teil strittiger - Bemessungsfaktoren, entscheidet also über Rechtsfragen, so ist seine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit begründet.
2. Aus der Begründetheit eines Ablehnungsgesuches folgt nicht zugleich, dass dem Sachverständigen die Vergütung für seine Tätigkeit zu versagen ist. Dieses setzt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus (hier verneint).
+++ Soziale Pflegeversicherung - Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen +++
BSG - LSG Niedersachsen-Bremen
10.3.2011
B 3 P 1/10 R
Soziale Pflegeversicherung - Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen - Pflegeeinrichtung in Niedersachsen - Dauerpflege - Kurzzeitpflege - Tagespflege - öffentliche Fördermittel - Eigenkapital - Konzessionsabgaben auf Lotterie- und Wetteinnahmen
1. Die Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes ist auch dann gewahrt, wenn es sich nicht um einen gewillkürten Parteiwechsel auf Beklagtenseite iS einer Klageänderung nach § 99 Abs. 1 und 2 SGG, sondern nur um eine schlichte Berichtigung
des Passivrubrums im Verhältnis von Widerspruchs- und Ausgangsbehörde handelt, die auch noch nach Ablauf der Klagefrist zulässig ist.
2. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein Landkreis die begehrte Festsetzung höherer Förderbeträge für Kurzzeit- und Tagespflegeplätze durch den Träger einer Pflegeeinrichtung ablehnt, weil er die geleistete Finanzhilfe aus den Konzessionsabgaben nicht den Eigenmitteln, sondern den Mitteln aus staatlicher Förderung iS des § 9 Abs 3 NPflegeG zugerechnet hat, sodass insoweit die Verzinsung als Eigenkapital sowie der Ansatz bei den Abschreibungen auf Gebäude und Inventar ausscheidet.
3. Die Rüge der Verletzung allgemeiner Auslegungsregeln macht eine irrevisible Norm nicht revisibel. Revisibilität ist erst erreicht, wenn die Grenze zum Willkürverbot (Art. 3Abs 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG) überschritten ist, ein Auslegungsergebnis also unter keinem denkbaren
Aspekt mehr rechtlich vertretbar erscheint.
4. Die - im Ergebnis hinsichtlich der Abschreibungen abweichende - Rechtsauffassung des erkennenden Senats, die er im Verfahren B 3 P 3/10 (Urteil vom 10.3.2011) entwickelt hat, ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht verbindlich, weil bezüglich der revisionsgerichtlichen Überprüfung von Berufungsurteilen immer nur das konkret angefochtene Urteil zu betrachten ist und die erst am 10.3.2011 entwickelte Rechtsauffassung des BSG dem LSG naturgemäß nicht bekannt sein konnte.
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=sozialrecht&nr=4142
+++ Errichtet der Träger eines Plankrankenhauses als Alleingesellschafter eine GmbH +++
BGH - OLG München - LG Kempten
21.4.2011
III ZR 114/10
Errichtet der Träger eines Plankrankenhauses als Alleingesellschafter eine GmbH, die auf dem Gelände des Plankrankenhauses eine Privatkrankenanstalt für Privatpatienten betreibt, unterliegt diese Privatkrankenanstalt auch dann nicht den Bestimmungen des Krankenhausentgeltrechts, wenn sie ihre Patienten mit Hilfe der apparativen Ausstattung und unter Einsatz von Ärzten des Plankrankenhauses behandelt.
Anspruch einer psychosomatischen Fachklinik auf Aufnahme in den Krankenhausplan
Der Bettenbedarf ist für die Fachrichtungen Psychiatrie und Psychotherapie (PSY) und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (PSM) jeweils gesondert zu ermitteln und zu decken. Bei einer grundsätzlich möglichen Deckung des Bedarfs durch Umwidmung der Betten einer anderen Fachrichtung sind Neubewerber gleichrangig zu berücksichtigen.
+++ Aufklärungsrecht +++
BGH - OLG Köln - LG Aachen
11.5.2010
VI ZR 252/08
Will ein Patient abweichend von den Grundsätzen des totalen Krankenhausaufnahmevertrags seine Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff auf einen bestimmten Arzt beschränken, muss er seinen entsprechenden Willen eindeutig zum Ausdruck bringen.
BGB § 823 Aa, Dd
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=27423
+++ Arzthaftung Behandlungsfehler +++
OLG Naumburg - LG Halle
10.5.2010
1 U 97/09
1. Überantwortet das Krankenhaus einen Patienten nach Abschluss der Behandlung dem überweisenden Arzt zurück, so kann sich der rücküberweisende Arzt darauf verlassen, dass der niedergelassene Arzt den im Arztbrief dokumentierten Empfehlungen folgt und die hieraus ersichtlichen therapeutischen bzw. diagnostischen Maßnahmen veranlasst.
2. Stehen für eine medizinisch sinnvolle und indizierte Therapie mehrere Behandlungsmethoden zur Verfügung, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten, muss der Patient - nach sachverständiger Beratung durch den Arzt - selbst prüfen können, was er an Belastungen und
Gefahren auf sich nehmen will. Die Aufklärung über Behandlungsalternativen kann aber nur verlangt werden, wenn der Patient eine echte Wahlmöglichkeit (Alternative) hat. Das ist nicht der Fall, wenn sie im konkreten Einzelfall nicht indiziert ist, ein erheblich höheres Risiko aufweist und wesentlich geringere Heilungschancen bietet.
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=27383
+++ Arzthaftung Schmerzensgeld +++
OLG Naumburg - LG Halle
11.3.2010
1 U 36/09
1. Eine monochorisch-monoamniotische Zwillingsschwangerschaft (Entwicklung der Zwillinge in einer Fruchtblase) stellt eine besondere Risikoschwangerschaft dar, die besondere Anforderungen an die Begleitung der Schwangerschaft und die Planung der Geburt stellt.
2. Liegt bei einem ersten, die spätere Aufnahme in das Krankenhaus vorbereitendem Gespräch dieser Befund vor und spricht die Schwangere die Frage einer Kaiserschnittentbindung an, so stellt es einen groben Behandlungsfehler dar, wenn die das Gespräch führende Hebamme daraufhin nichts besonderes veranlasst und auch keinen Arzt hinzuzieht.
3. Kommt es später zur Geburt eines behinderten Kindes, so kehrt sich deshalb hinsichtlich der Kausalität zwischen schädigender Handlung/Unterlassung und dem eingetretenen Schaden die Beweislast um.
4. Eine andauernde Mehrfachbehinderung, die sich vor allem in einer rechtsbetonten Bewegungsstörung, sowie einer deutlichen Störung des Sprachvermögens, der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der Wahrnehmung äußert, rechtfertigt bei einem im Entscheidungszeitpunkt
elfeinhalb Jahre alten Kind ein Schmerzensgeld von 110.000,- Euro.
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=27381
+++ Arzthaftung Aufklärungsrecht +++
OLG Naumburg - LG Magdeburg
22.4.2010
1 U 14/10
Eine Aufklärung über eine abweichende Operationsmethode ist nicht erforderlich, wenn der Arzt zwar ein anderes, jedoch nicht mit höheren Risiken behaftetes Operationsverfahren wählt.
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=27380
+++ Arzthaftung +++
OLG Köln - LG Köln
26.1.2009
5 U 179/08
1. Die bloße Rechtsbehauptung der Klägerin, bei ihr als damals 15jähriger schwangeren Schülerin hätte die medizinisch-soziale Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch gemäß § 218 a Abs. 2 StGB vorgelegen, nötigt auch in Ansehung der im Arzthaftungsprozess zuzubilligenden Darlegungserleichterungen nicht zur Einholung eines Sachverständigengutachtens.
2. Auch im Falle einer Schwangerschaft im jugendlichen Alter ist die schlüssige Darlegung einer Gefahr für das Leben oder einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands der Schwangeren erforderlich sowie dass die Gefahr
auf andere zumutbare Weise als durch Schwangerschaftsabbruch nicht abgewendet werden kann.
+++ Arzthaftung Behandlungsfehler +++
OLG Köln - LG Köln
18.2.2009
5 U 101/07
Bei einem invasiven Cervixkarzinom im Stadium I B mit Lymphgefäßeinbruch ist im Anschluss an die operative Therapie eine Strahlenbehandlung indiziert.
Räumt die Patientin ein, dass sie sich lediglich im Falle eines Lymphgefäßeinbruchs einer Strahlentherapie unterzogen hätte, ist der Nachweis des als Folge der verspäteten Diagnostik ( grober Behandlungsfehler ) behaupteten Schadens ( Notwendigkeit der belastenden
Strahlenbehandlung ) nicht geführt, wenn der Behandler beweist, dass der Lymphgefäßeinbruch mit äußerster Wahrscheinlichkeit bereits zu dem Zeitpunkt vorgelegen hatte, zu dem das Karzinom frühestens hätte erkannt werden können.
+++ Arzthaftung Schmerzensgeld +++
OLG Köln - LG Bonn
5.9.2008
5 W 44/08
Schmerzensgeld
Kommt es infolge unsachgemäßer Lösung einer Schulterdystokie zu einer Schädigung des Plexus brachialis rechts und des Nervus phrenicus, die zu einer vollständigen Gebrauchsuntüchtigkeit des Arms und darüber hinaus zu einer um 50% geminderten Leistungsfähigkeit des rechten Lungenflügels führt, ist ein Schmerzensgeld von 75.000;- € angemessen.
BGB § 253 Abs. 2
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=25494
+++ Gerichtsstand Prozeßrecht +++
OLG Köln - LG Köln
16.6.2008
5 U 238/07
Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist bei einer vorwerfbaren ärztlichen Fehlbehandlung auch dort begründet, wo die Primärverletzung eintritt. Der Ort, an dem ( weitere ) Schadensfolgen eintreten, ist dagegen für die Gerichtsstandsbestimmung nach § 32 ZPO unbeachtlich.
Der erstmals im Berufungsverfahren hilfsweise gestellte, auf § 281 ZPO gestützte Verweisungsantrag kann nicht nach 531 Abs. 2, Satz 1 ZPO zurückgewiesen werden.
ZPO §§ 32, 281, 531
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=25489
+++ Selbstbestimmungsaufklärung +++
OLG Köln - LG Köln
27.8.2008
5 U 229/06
Selbstbestimmungsaufklärung
Im Jahre 1999 war das Risiko, infolge einer Sigmaresektion eine Störung der Ejakulationsfähigkeit (Anejakulation) zu erleiden, weder bekannt noch war es Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion. Dieses Risiko war deshalb auch nicht aufklärungspflichtig.
BGB §§ 280, 823
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=25488
+++ Arzthaftung - Beweislast +++
OLG Köln - LG Köln
4.8.2008
5 U 228/07
Arzthaftung - Beweislast
Eine Beweislastumkehr ( Verschuldensvermutung ) aus dem Gesichtspunkt des voll beherrschbaren Risikobereichs setzt den Vollbeweis voraus, dass der Schaden in diesem Bereich verursacht worden ist. Beweisbelastet ist der geschädigte Patient.
Zur Beweisführung genügt nicht die bloße Feststellung im abschließenden ärztlichen Bericht, es sei während des stationären Aufenthalts zu einer Wadenprellung gekommen, wenn bei längerer Verweildauer nicht mehr festgestellt werden kann, wann und bei welcher Gelegenheit der Schaden ( hier : Kompartment-Syndrom ) gesetzt worden ist. Die nicht weiter
belegte Möglichkeit, der Schaden könne durch das Ablegen oder die Lagerung auf dem Operationstisch verursacht worden sein, genügt nicht.
BGB §§ 280, 823
ZPO § 286
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=25487
+++ Aufklärung – Plausibilität des Entscheidungskonflikts +++
OLG Köln - LG Köln
28.4.2008
5 U 192/07
Aufklärung – Plausibilität des Entscheidungskonflikts
Ergibt der kernspintomografische Befund im Eingang des Beckens links eine Raumforderung ( Tumor ) mit auffälliger Verbindung zum Neuroforamen L 4 links, ist der Patient vor der operativen Entfernung des Tumors über das Risiko einer Verletzung des Nervus femoralis aufzuklären.
Macht der geschädigte Patient glaubhaft, er hätte sich in Kenntnis des besonderen Risikos einer Nervverletzung von einem Neurochirurgen ( statt des Urologen ) operieren lassen, ist der Entscheidungskonflikt auch dann plausibel, wenn die Operation auch in das Fachgebiet des operierenden Urologen fällt und jener auf seinem Fachgebiet als allseits anerkannte Kapazität gilt.
+++ Rachverbot in Gaststätten +++
BVerfG
30. Juli 2008
1 BvR 3262/07
1 BvR 402/08
1 BvR 906/08
1. Entscheidet sich der Gesetzgeber aufgrund des ihm zukommenden Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums für ein Konzept des Nichtraucherschutzes in Gaststätten, das den Gesundheitsschutz im Ausgleich insbesondere mit der Berufsfreiheit der Gaststättenbetreiber
verfolgt, so müssen Ausnahmen vom Rauchverbot derart gestaltet sein, dass sie auch bestimmte Gruppen von Gaststätten - hier: die getränkegeprägte Kleingastronomie - miterfassen, um bei diesen besonders starke wirtschaftliche Belastungen zu vermeiden.
2. Es stellt einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss dar, wenn gesetzlich in Gaststätten zugelassene Raucherräume in Diskotheken untersagt sind.
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=verwaltungsrecht&nr=12539
+++ § 34 Abs.5 MBO +++
OLG Celle - LG Stade
29.05.2008
13 U 202/07
1. Nach § 34 Abs.5 MBO setzt eine zulässige Verweisung an einen bestimmten Leistungserbringer durch den Arzt lediglich voraus, dass ein hinreichender Grund dafür vorliegt. Dessen Benennung gegenüber dem Patienten ist berufs und wettbewerbsrechtlich nicht erforderlich.
2. Die Bequemlichkeit der Hörgeräteversorgung, die allein darin liegt, dass dem Patienten wegen des sogleich bei seinem Arzt vorgenommenen Ohrabdrucks ein weiterer Weg erspart bleibt, kann einen hinreichenden Grund im Sinne des § 34 Abs.5 MBO darstellen.
+++ Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz +++
OVG Bremen - VG Bremen
12.02.2008
1 A 234/03
Heilpraktikererlaubnis; Teilurteil
Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz
1. Begehrt der Kläger mit dem Hauptantrag die Verpflichtung zur Erteilung einer Erlaubnis und mit dem Hilfsantrag die Verpflichtung zur Neubescheidung, kann die Verpflichtungsklage nicht vorab durch Teilurteil abgewiesen werden, wenn darin implizit auch die Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Neubescheidung verneint werden.
2. Ist ein Kläger, der die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis begehrt, in zwei Verwaltungsverfahren an der Überprüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten gescheitert und hat er gegen jede dieser Entscheidungen Klage erhoben, kann über die Klagen nur einheitlich entschieden werden. Maßgebend für die Frage, ob dem Kläger eine Erlaubnis zu erteilen ist, ist das Ergebnis der letzten Überprüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten.
3. Hat das Verwaltungsgericht in einer Sache, über die nur einheitlich entschieden werden kann, zu Unrecht ein Teilurteil erlassen, können Gründe der Prozessökonomie es rechtfertigen, dass das Oberverwaltungsgericht außer über die Berufung gegen das Teilurteil
auch über den noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Streitrest entscheidet.
4. Zu den Anforderungen an die Fragen zur Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten eines Heilpraktikerbewerbers und deren Bewertung.
+++ Arzthaftung Behandlungsfehler +++
BGH - OLG Brandenburg - LG Frankfurt/Oder
6.5.2008
VI ZR 250/07
Im Arzthaftungsprozess hat das Gericht zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts in der Regel einen Sachverständigen einzuschalten. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten muss der Tatrichter jedenfalls dann einholen, wenn ein im Wege des Urkundsbeweises verwertetes Gutachten (hier: aus einem vorangegangenen Verfahren einer ärztlichen
Schlichtungsstelle) nicht alle Fragen beantwortet.
+++ Arzthaftung Aufklärungsrecht +++
BGH - OLG Karlsruhe - LG Waldshut-Tiengen
27.5.2008
VI ZR 69/07
Verschreibt ein Arzt in der Schweiz einem in Deutschland wohnhaften Patienten Medikamente, die am Wohnort des Patienten zu schweren Nebenwirkungen führen, über die der Arzt den Patienten nicht aufgeklärt hat, so ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine auf deliktische Ansprüche gestützte Klage aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ, weil der Erfolgsort in Deutschland liegt. Denn eine ärztliche Heilbehandlung, die - mangels ausreichender Aufklärung - ohne wirksame Einwilligung des Patienten erfolgt, führt nur dann zur Haftung des Arztes, wenn sie einen Gesundheitsschaden des Patienten zur Folge hat.
LugÜ Art. 5 Nr. 3
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=23799
+++ Arzthaftung Behandlungsfehler Schmerzensgeld +++
OLG Oldenburg - LG Oldenburg
28.05.2008
5 U 28/06
Die Altersregelung nach § 95 Abs. 7 SGB ist für Vertragszahnärzte auch nach Verabschiedung des VÄndG und GKV-WSG rechtmäßig.
Sozialrecht/Vertragsarzt- und -zahnarztrecht
Gründe:
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Anordnungsverfahrens die Genehmigung zur Verlängerung seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit über den 30.06.2008 hinaus.
Der im Juni 1940 geborene und jetzt 67-jährige Antragsteller ist approbierter Zahnarzt und jedenfalls seit über 20 Jahren zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.
Am 28.01.2008 beantragte der Antragsteller, seine vertragszahnärztliche Zulassung über den 30.06.2008 hinaus zu verlängern. Er trug vor, gesundheitliche Einschränkungen bestünden nicht. Die Altersregelung diskriminiere ihn.
Der Zulassungsausschuss für Zahnärzte für das Land Hessen wies mit Beschluss vom 05.03.2008 den Antrag ab, da die Zulassung des Antragstellers aufgrund der gesetzlichen Vorschriften am 30.06.2008 ende. Bei mehr als 20-jähriger Tätigkeit sehe das Gesetz keine Ausnahme- oder Härtefallregelung vor.
Hiergegen legte der Antragsteller am 17.03.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, nach Wegfall der Zulassungsbeschränkungen für Zahnärzte entfalle die Rechtfertigung für die Altersregelung.
Am 09.05.2008 hat der Antragsteller den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Ergänzend zu seinem Widerspruchsvorbringen trägt er vor, er sei seit mehr als 20 Jahren vertragszahnärztlich tätig, weshalb eine gesetzliche Verlängerungsmöglichkeit nicht bestehe. Der Berufungsausschuss habe mittlerweile am 09.04.2008 seinen Widerspruch zurückgewiesen, der Beschluss liege ihm noch nicht vor. Er sei gesundheitlich in der Lage, seinen Beruf weiter auszuüben. Die Einschränkung der Berufswahlfreiheit sei verfassungswidrig. Diese Auffassung unterstütze auch die Bundeszahnärztekammer und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung. Die Altersregelung verstoße gegen die Richtlinie 2007/78/EG. Ein über 68 Jahre alter Zahnarzt könne auch eine Vertretung übernehmen. Die einstweilige Anordnung sei wegen einer Verfahrensdauer von 5- 6 Jahren notwendig. Er hat eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt.
Der Antragsteller beantragt,
im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu verurteilen, ihm die Zulassung als Vertragszahnarzt über den 30.06.2008 hinaus zu verlängern.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
II.Die Kammer konnte ohne Anhörung der Antragsgegnerin entscheiden, da in deren Rechte mit der Entscheidung nicht eingegriffen wird.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag einen Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 1 u. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Es müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden (§ 920 Zivilprozessordnung i. V. m. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG).
Nach Aktenlage ist ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich. Die Ermächtigung des Antragstellers endet zum 30.06.2008. Ein Verlängerungsanspruch besteht nicht.
Darüber hinaus ist der Antrag unbegründet, da die Antragsgegnerin keinerlei Befugnisse hat, die vertragsärztliche Zulassung zu verlängern. Über das Ende der Zulassung oder eine Verlängerung entscheiden die Zulassungsgremien (s. §§ 95, 96 und 97 SGB V). Richtiger Antragsgegner wäre daher der Zulassungs-Berufungsausschuss für Zahnärzte für das Land Hessen, der beteiligtenfähig ist und den der Antragsteller auch mit seinem Widerspruch angerufen hat. Unabhängig hiervon besteht aber auch kein Anordnungsanspruch, weil der Antragsteller keinen Anspruch darauf hat, über den 30.06.2008 hinaus an der vertragszahnärztlichen Versorgung weiterhin teilzunehmen.
Die vertragszahnärztliche Zulassung der Klägerin besteht nicht über den 30.06.2008 hinaus fort.
Die Zulassung endet u. a. ab 1. Januar 1999 am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein achtundsechzigstes Lebensjahr vollendet. War der Vertragsarzt
1. zum Zeitpunkt der Vollendung des achtundsechzigsten Lebensjahres weniger als zwanzig Jahre als Vertragsarzt tätig und
2. vor dem 1. Januar 1993 bereits als Vertragsarzt zugelassen,
verlängert der Zulassungsausschuss die Zulassung längstens bis zum Ablauf dieser Frist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 festgestellt, dass in einem bestimmten Gebiet eines Zulassungsbezirks eine ärztliche Unterversorgung eingetreten ist oder unmittelbar droht, gilt Satz 3 nicht (§ 95 Abs. 7 Satz 3, 4 und 8 SGB V).
Diese Regelungen gelten auch für Zahnärzte (§ 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Der Antragsteller wird im Juni 2008 sein 68. Lebensjahr vollenden, weshalb seine Zulassung zum Quartalsende am 30.06.2008 endet. da er, wie er selbst vorträgt, bereits seit über 20 Jahren zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen ist.
Die Voraussetzungen für einen Verlängerungstatbestand liegen nicht vor, weil der Landesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen jedenfalls bisher nicht nach § 100 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgestellt hat, dass im Planungsbereich des Antragstellers eine ärztliche Unterversorgung eingetreten ist oder unmittelbar droht. Auch ist der Antragsteller zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit erst nach dem 01.01.1993 zugelassen worden. Er trägt selbst vor, bereits seit über 20 Jahren zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen zu sein.
Die Altersregelung nach § 95 Abs. 7 SGB ist auch rechtmäßig.
Das Bundesverfassungsgericht hält diese Altersgrenze als eine subjektive Zulassungsbeschränkung für verfassungsgemäß. Unter Bezugnahme seiner Rechtsprechung zu anderen Altersgrenzen stellt es vor allem darauf ab, dass die angegriffenen Regelungen auch dazu dienten, den Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Berufstätigen ausgingen, einzudämmen (vgl. BVerfG v. 31.03.1998 - 1 BvR 2167/93, 1 BvR 2198/93 - juris Rn. 30 f. - SozR 3-2500 § 95 Nr. 17 = NJW 1998, 1776). Das Bundessozialgericht sieht demgegenüber unter Hinweis auf die Möglichkeiten, über das 68. Lebensjahr hinaus als Vertragsarzt tätig zu sein (als Privatarzt und nach dem Übergangsrecht), keinen Willen des Gesetzgebers, jede patientenbezogene Berufsausübung durch ältere Ärzte als so potenziell gefährdend anzusehen, dass sie ausnahmslos zu unterbleiben hätten (vgl. BSG v. 30.06.2004 - B 6 KA 11/04 R - juris Rn. 24 - BSGE 93, 79 = SozR 4-5525 § 32 Nr. 1). Es stützt sich deshalb bei Bejahung der Verfassungsmäßigkeit vor allem auf die Erwägung des Gesetzgebers, wonach die zur Sicherung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung für zwingend erforderlich gehaltene Beschränkung der Zahl der zugelassenen Vertragsärzte nicht einseitig zu Lasten der jungen, an einer Zulassung interessierten Ärztegeneration zu verwirklichen sei (vgl. BSG v. 25.11.1998 - B 6 KA 4/98 R - juris Rn. 29 - BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18; BSG v. 12.09.2001 - B 6 KA 45/00 R - juris Rn. 13 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 32). Dies gelte auch für die Psychotherapeuten (vgl. BSG v. 08.11.2000 – B 6 KA 55/00 R – juris Rn. 36 f. - BSGE 87, 184, = SozR 3-2500 § 95 Nr. 26). Eine europarechtliche Dimension der Altersgrenze hat das BSG ausdrücklich verneint (vgl. BSG v. 27.04.2005 - B 6 KA 38/04 B – juris Rn. 12; BSG v. 25.11.1998 - B 6 KA 4/98 R - juris Rn. 35 - BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18; s. a. LSG Hessen v. 15.12.2004 - L 7 KA 412/03 ER – juris; LSG Hessen v. 10.06.2005 - L 6/7 KA 58/04 ER – juris; Boecken, NZS 2005, 393 ff.).
Das Bundesverfassungsgericht hat zudem im August 2008 eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Es hat dargelegt, die 68-Jahres-Altersgrenze verstoße weder gegen Art. 3 Abs. 1 noch gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Daran hätten das VÄndG und das GKV-WSG nichts geändert. Die Auslegung des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschl. vom 20.06.2007 - L 11 B 12/07 KA-ER -), dass das AGG die Wirksamkeit der 68-Jahre-Altersgrenze nicht berühre und jene Regelung mit der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar sei, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG - 1. Sen. 3. Ka., Beschl. v. 07.08.2007 - 1 BvR 1941/07 -).
Das Bundessozialgericht hat im Februar 2008 erneut im Einzelnen begründet, weshalb die 68-Jahres-Altersgrenze nicht gegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht verstößt. Danach ist die Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V, wonach eine Zulassung mit Ablauf des Kalendervierteljahres endet, in dem der Vertragsarzt das 68. Lebensjahr vollendet hat, sowohl mit Verfassungs- als auch mit europäischem Recht vereinbar. Die Vereinbarkeit mit europäischem Recht ergebe sich aus den Grundsätzen, die der EuGH - in Fortführung seiner Entscheidung vom 22.11.2005 ("Mangold" - NJW 2005, 3695) - in seinem Urteil vom 16.10.2007 in der Rechtssache C-411/05 ("Palacios de la Villa") dargelegt habe. Ein Anlass zu einer Vorlage gemäß Art. 234 Abs. 3 EGV bestehe nicht, weil der EuGH die Auslegung des europäischen Rechts klar vorgezeichnet habe. Eingelegte Rechtsbehelfe entfalteten keine aufschiebende Wirkung, weil die Beendigung lediglich deklaratorisch festgestellt werde (vgl. BSG v. 06.02.2008 – B 6 KA 41/06 R – juris; s.a. Beschl. v. 06.02.2008 - B 6 KA 58/07 B – juris; BSG, Urt. v. 09.04.2008 – B 6 KA 44/07 R – zitiert nach Terminbericht Nr. 16/08 – www.bundessozialgericht.de).
Die bisherige sozialgerichtliche Instanzenrechtsprechung sieht ebf. auch nach Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen für Vertragszahnärzte durch das GKV-WSG und der Einfügung der Ausnahmeregelungen in § 95 Abs. 7 Satz 8 SGB V durch das VÄndG sowie im Hinblick auf die europäische Antidiskriminierungsrichtlinie (vgl. Art. 1 und 6 EGRL 78/2000) die Altersgrenze weiterhin einhellig als rechtmäßig an (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen v. 09.11.2007 – L 3 KA 69/07 ER – juris; LSG Berlin-Brandenburg v. 28.11.2007 – L 7 B 153/07 KA ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de; SG Reutlingen, Urt. v. 27.06.2007 – S 1 KA 2556/05 –; LSG Nordrhein-Westfalen v. 18.09.2007 – L 11 B 17/07 KA ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.06.2007 – L 11 B 12/07 KA ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.09.2007 – L 11 B 17/07 KA ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 22.10.2007 – L 4 B 583/07 KA ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Schleswig-Holstein. v. 25.05.2007 – L 4 B 406/07 KA ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Schleswig-Holstein v. 31.01.2006 – L 4 KA 3/04 – NZS 2006, 559; LSG Baden-Württemberg v. 23.10.2006 – L 5 KA 4343/06 ER-B – juris; LSG Bayern v. 19.07.2006 – L 12 KA 9/06 –; LSG Hamburg, Urt. v. 28.02.2007 – L 2 KA 2/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Hamburg v. 28.06.2006 – L 2 KA 1/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Hessen v. 15.03.2006 – L 4 KA 32/05 – juris; LSG Hessen v. 10.06.2005 - L 6/7 KA 58/04 ER – MedR 2006, 237; LSG Hessen v. 15.12.2004 – L 7 KA 412/03 ER – juris; SG PI. v. 31.03.2006 – S 8 ER 68/06 KA – juris; anders z. T. die Literatur, s. Arnold, MedR 2007, 143 ff.; Boecken NZS 2005, 393 ff.). Die Kammer folgt dieser Rechtsprechung und hält insofern auch an ihrer eigenen Rechtsprechung nach den genannten Gesetzesänderungen fest (vgl. SG Marburg v. 23.11.2005 – S 12 KA 38/05 – juris und zuletzt v. 12.12.2007 - S 12 KA 418/07 – juris; SG Marburg v. 10.10.2007– S 12 KA 268/07 – juris; für den zahnärztlichen Bereich s. zuletzt SG Marburg v. 23.08.2007 - S 12 KA 343/07 ER – juris).
Das Fehlen einer allgemeinen Härteregelung bei der Altersgrenze stellt keine ausfüllungsfähige oder ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke dar, sondern entspricht der Absicht des Gesetzgebers. Über den ausdrücklich geregelten Ausnahmetatbestand hinaus ist die Altersgrenze damit auf alle Betroffenen anzuwenden (vgl. BSG v. 25.11.1998 - B 6 KA 4/98 R - juris Rn. 24 - BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18).
Das Zulassungsende tritt kraft Gesetzes ein (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 56/03 B - juris Rn. 8). Auch die aufschiebende Wirkung gegen einen feststellenden – deklaratorischen - Verwaltungsakt berechtigt den Arzt nicht, seine vertragsärztliche Tätigkeit fortzusetzen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen v. 17.05.2005 - L 10 B 10/04 KA ER – juris Rn. 6 - GesR 2005, 378; LSG Hessen v. 10.06.2005 - L 6/7 KA 58/04 ER – juris Rn. 29 f. - MedR 2006, 237). Soweit LSG Bayern Widersprüchen und Klagen gegen die feststellenden Beschlüsse gem. § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung zubilligt, weil das Gesetz nicht zwischen sog. bloß deklaratorischen und sonstigen feststellenden Verwaltungsakten unterscheide (vgl. LSG Bayern v. 20.07.2006– L 12 B 835/06 KA ER – juris Rn. 21 u. 24 - Breith 2007, 531), vermochte dem die Kammer nicht zu folgen. Die Zulassungsgremien treffen lediglich deklaratorische Feststellungen über das Ende der Zulassung. Die Zulassung wird nicht entzogen (vgl. LSG Hessen v. 10.06.2005 - L 6/7 KA 58/04 ER – juris Rn. 29 - MedR 2006, 237; ebs. LSG Rheinland-Pfalz v. 02.10.2006 - L 5 ER 185/06 KR – juris Rn. 10 ff. m.w.N. für die Beendigung einer freiwilligen Mitgliedschaft in einer Krankenkasse). Aber auch wenn man von einer aufschiebenden Wirkung ausgeht, gilt dies nur für den Bescheid selbst, nicht aber für die gesetzlich angeordnete Beendigung der Zulassung, durch die die vormalige Zulassungsentscheidung durch Zeitablauf erledigt wird. Durch einen Widerspruch kann die materielle Rechtslage nicht verbessert werden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen v. 17.05.2005 - L 10 B 10/04 KA ER – juris Rn. 6 - GesR 2005, 378).
Angesichts des Fehlens eines Anordnungsanspruchs kommt es auf einen Anordnungsgrund nicht an.
Von daher war der Antrag abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
Für das Klage- und Antragsverfahren gilt das Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718, da der Antrag nach dem 30.06.2004 anhängig wurde (vgl. § 72 Nr. 1 GKG).
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist bei der Bemessung des wirtschaftlichen Interesses an einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung von der Höhe des Überschusses (Gewinn vor Steuern) auszugehen. Das BSG stellt nicht mehr auf einen Fünfjahreszeitraum, sondern nur noch auf einen Dreijahreszeitraum ab (vgl. BSG v. 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R – juris, Rn 7 ff.; BSG v. 26.09.2005 - B 6 KA 69/04 B –). Zu ermitteln sind dementsprechend für die Fortdauer der Zulassung die erzielbaren Einkünfte anhand der bisherigen Honorarumsätze, die um die Praxiskosten in zu vermindern sind.
Nach Jahrbuch 2007, Statistische Basisdaten zur vertragszahnärztlichen Versorgung, hrsg. von der KZBV, S. 104 beträgt der durchschnittliche Jahresumsatz abzüglich Kosten einer zahnärztlichen Praxis 103.185 Euro. Im Hinblick auf das einstweilige Anordnungsverfahren war, ausgehend von dem dreifachen Betrag dieser Betrag wiederum zu dritteln. Dies ergab den festgesetzten Wert.
+++ Arzthaftung Behandlungsfehler Schmerzensgeld +++
OLG Naumburg - LG Magdeburg
14.02.2008
1 U 66/07
1. Keine Beanstandung der Therapiewahl allein wegen der Kompliziertheit des Eingriffs (hier: Beseitigung einer festgestellten knöchernen Enge in der Halswirbelsäule)
2. Tatrichterliche Würdigung der Hilfstatsachen zu einer behaupteten schmerzbedingt unzureichenden Aufnahmefähigkeit eines Patienten während des ärztlichen Aufklärungsgesprächs.
+++ Arzthaftung Behandlungsfehler +++
OLG Naumburg - LG Stendal
28.02.2008
1 U 53/07
1. Zum (hier fehlgeschlagenen) Nachweis der nicht standardgerechten Durchführung einer gynäkologischen TVT-Implantation trotz nachgewiesener Perforation des Dünndarms.
2. Ist die ärztliche ex-ante-Bewertung zweier alternativer Operationsmethoden als nicht gleichwertig vertretbar (hier: im Februar 2003 die Einschätzung, dass bei einer Stresshar-ninkontinenz eine <offene> Kolposuspension gegenüber einer <minimalinvasiven> TVT-Implantation zwar auch annähernd gleiche Heilungschancen bietet, aber wegen ihrer insgesamt sehr viel höheren Risiken keine echte Alternative darstellt), so stellt der darauf fußende Entschluss, über die andere Operationsmethode nicht im Einzelnen aufzuklären, keine schuldhafte Pflichtverletzung dar.
+++ Arzthaftung Zahnärzte +++
OLG Dresden - LG Leipzig
21.1.2008
4 W 28/08
1. Weigert sich ein Patient nach Eingliederung von Zahnersatz, zumutbare Nachbesserungsmaßnahmen des Arztes hinzunehmen, kommen insofern Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nicht in Betracht. Zumutbar kann auch die Neuanfertigung der Prothese sein.
2. Schmerzen beim Tragen der Prothese, mangelnde Kaufähigkeit sowie optische und psychische Beeinträchtigungen durch eine fehlerhaft gefertigte Zahnprothese rechtfertigen auch beim Vorliegen eines Behandlungsfehlers, dessen Behebung längere Zeit in Anspruch nimmt, kein Schmerzensgeld über 2000 EUR.
+++ Arzthaftung Behandlungsfehler +++
BGH - OLG Saarbrücken - LG Saarbrücken
12.2.2008
VI ZR 221/06
Wenn ein Morbus Sudeck nach dem Klagevortrag infolge einer ärztlichen Fehlbehandlung und der damit hervorgerufenen Gesundheitsbeeinträchtigung eingetreten ist, behauptet der Kläger insoweit einen Sekundärschaden. Für den Nachweis des Ursachenzusammenhangs zwischen der Fehlbehandlung und dem Morbus Sudeck gilt in diesem Fall der Maßstab des § 287 ZPO (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03 - VersR 2004, 118).
+++ Arzneimittel +++
OLG Stuttgart
14.2.2008
2 U 81/07
1. Ein pulverförmiges, in Kapselform vertriebenes Mittel, das im Wesentlichen aus dem Enzym Laktase besteht und zur Überwindung von Laktose-(Milchzucker-)Intoleranz entweder beim Verzehr laktosehaltiger Speisen eingenommen oder zuvor in diese eingebracht werden soll, ist kein zulassungspflichtiges Arzneimittel i.S.d. § 2 I Nr. 3 AMG in der durch die RL 2001/83 EG i.d.F. der RL 2004/27 EG gebotenen Auslegung.
2. Diesem Mittel fehlt es an der seit der Vollharmonisierung des Arzneimittelbegriffs (von der spätestens seit 30.10.2005 auszugehen ist, vgl. BGH GRUR 2006, 513, 516 f, TZ 33 - Arzneimittelwerbung im Internet) notwendigen Voraussetzung zur Einstufung als Funktionsarzneimittel gem. Art. 1 Nr. 2 b der RL 2001/83 EG. Denn nicht die physiologische Funkton des Körpers (Verdauung) wird beeinflusst etc., sondern der Zustand der zu verdauenden Nahrung.
+++ Zahnärzte Zahnbehandlung +++
LG Mannheim
7.12.2007
1 S 178/06
Die angemessenen Kosten für Zahnersatzleistungen gemäß § 9 GOZ können unter Heranziehung der Bundeseinheitlichen Benennungsliste (BEB) und den am Ort des Zahnarztes durchschnittlichen Stundenverrechnungssätzen der selbständigen Zahntechniker gemäß § 287 ZPO geschätzt werden
1. Bei der Ermittlung der dem Zahnarzt entstandenen Auslagen durch angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen gemäß § 9 GOZ ist nicht nur darauf abzustellen, welcher Leistungsgegenstand erbracht wurde. Die konkrete Qualität der Arbeit und besondere Aufwände können berücksichtigt werden.
2. Kann durch ein Sachverständigengutachten die Qualität der zahntechnischen Leistung nicht überprüft werden, weil dies nur bei einer Entfernung des fest installierten Zahnersaztes möglich wäre, so kann das Gericht das angemessene Entgelt gemäß § 287 ZPO schätzen. Dabei kann es die Planzeiten der Bundeseinheitlichen Benennungsliste (BEB) des Verbandes deutscher Zahntechniker Innungen (VDZI) zugrunde legen und den unstreitigen oder durch Sachverständigengutachten ermittelten durchschnittlichen Stundenverrech-nungssatz selbständiger Zahntechniker am Ort oder in der Region des Zahnarztes.
+++ Streitig ist, ob Umsätze von Organgesellschaften des Klägers (Kliniken) steuerfrei sind. +++
FG Rheinland-Pfalz
14.9.2006
6 K 1268/03
Streitig ist, ob Umsätze von Organgesellschaften des Klägers (Kliniken) steuerfrei sind.
1. Leistungen eines Krankenhauses sind ausschließlich nach Art. 13 Teil A Abs. 1 b) der 6. EG-Richtlinie, bzw. § 4 Nr. 16 UStG zu befreien. Die Abgrenzung zwischen den beiden sich teilweise überschneidenden Befreiungstatbeständen wird nach dieser Entscheidung nach dem Ort der Leistung vorgenommen. Leistungen eines Krankenhauses sind danach aus-schließlich nach § 4 Nr. 16 UStG zu befreien. Die Befreiungsnorm des § 4 Nr. 14 UStG ist dagegen nur auf solche Heilbehandlungen anwendbar, die außerhalb eines Krankenhauses erbracht werden. Die Umsätze eines Krankenhauses sind damit stets nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG steuerbefreit, auch wenn sie die ärztliche Heilbehandlung und sonstige medizinische Leistungen einschließen. Die Rechtfertigung dafür, dass Leistungen eines Krankenhauses einschließlich der darin enthaltenen ärztlichen Leistungen nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 b UStG steuerbefreit sind, liegt danach darin, dass es sich um eine Vielzahl von Leistungen handelt, die umsatzsteuerrechtlich einheitlich zu behandeln sind und die nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann befreit sein sollen, wenn sie in besonderem Maße sozial schützenswerten Patienten zugute kommen.
2. Nach dieser Vorschrift sind die mit dem Betrieb der Krankenhäuser eng verbundenen Umsätze steuerbefreit, wenn diese im voran gegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 2 AO bezeichneten Voraussetzungen erfüllt haben. § 67 Abs. 2 AO bestimmt, dass bei einem Krankenhaus, um Zweckbetrieb zu sein, mindestens 40% der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen müssen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach den §§ 11, 13 und 26 der BPflV berechnet wurde. (Leitsatz der Redaktion)
Gesamtbetrag der Erlöse; Budget; flexible Budgetierung; Mehrerlösausgleich; Versorgungsauftrag; Überschreitung des Versorgungsauftrags; Krankenhausplan; Planbetten
Einnahmen, die ein Plankrankenhaus durch den Einsatz von nicht in den Krankenhausplan aufgenommenen Betten erzielt, unterliegen nicht dem Mehrerlösausgleich nach § 12 Abs. 4 Satz 1 BPflV.
Werthaltige unentgeltliche Zuwendungen von Pharmaunternehmen an Ärzte verstoßen gegen den unlauteren Wettbewerb. Dies gilt nicht nur für produktbezogene Zuwendungen, sondern insbesondere auch für solche, die davon unabhängig sind und zur Imagewerbung gehören.
Im entschiedenen Fall hatte ein Pharmaunternehmen Ärzten im Internet einen 700 Euro teuren Wasserspender mit einer Ersparnis von bis zu 40 Prozent sowie kostenlose Beratungen externer Unternehmensberater zum Praxismanagement angeboten. Das Gericht hielt die Zuwendungen, die mit mehreren hundert Euro bewertet wurden, für eine unangemessene Beeinflussung bei der Medikation. Die Richter argumentierten, dass das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient es gebiete, dass der Arzt sich bei der Verschreibung von Medikamenten allein von den Interessen des Patienten leiten lasse. Es dürfe dabei nicht einmal zu einem Verdacht einer unsachlichen Beeinflussung durch die Hersteller der Medikamente kommen. Gerade bei dem Angebot einer kostenlosen Unternehmensberatung bestehe aber eine derartige Beeinflussbarkeit der Ärzte.! Das hohe Gut des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient rechtfertige es, bereits Handlungen, die geeignet seien, dem "bösen Schein" einer unsachlichen Einflussnahme nahe zu kommen, als nicht mehr mit dem lauteren Wettbewerb vereinbar anzusehen.
Die Entscheidung des Landgerichts München I wird einen weiteren entscheidenden Einfluss auf den Vertrieb und das Werbeverhalten der Pharmaindustrie haben. Das Gericht hat klargestellt, dass auch nicht produktbezogene Zuwendungen, die die Schwelle der Geringwertigkeit übersteigen, einen solchen Verstoß darstellen können. Auch reine Imagewerbung darf demnach nur geringwertige Zuwendungen enthalten. Wann die Schwelle zur Geringwertigkeit überschritten ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist vom Einzelfall abhängig.
LG München, Urteil vom 07.03.2008, Az.: 1 HK O 13279/07
+++ Apotheker Wettbwerbsrecht +++
BGH - OLG München - LG München I
30.1.2008
I ZB 8/07
Treuebonus
Ein Streit über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Sonderzahlungen eines Apothekers an privat und gesetzlich Krankenversicherte bei Einlösung von Rezepten (hier: Bonus in Höhe der Hälfte der gesetzlichen Zuzahlung bei gesetzlich Krankenversicherten bzw. 3 € bei privat Krankenversicherten) betrifft keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG, sondern eine Streitigkeit, für die der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nach § 13 GVG eröffnet ist.
+++ Zahnärzte Behandlungsvertrag +++
OLG Naumburg - LG Magdeburg
13.12.2007
1 U 10/07
1. Der auf eine zahnprothetische Behandlung gerichtete Vertrag zwischen einem Patienten und einem Zahnarzt ist ein Dienstvertrag.
2. Nach einem vorzeitigen Abbruch der zahnärztlichen Behandlung durch den Patienten entfällt die Vergütungspflicht nur unter den Voraussetzungen des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB; diese sind nicht gegeben, wenn der Patient die angeblich mangelhafte Brücke in unveränderter Gestalt mehr als drei Jahre nach ihrem Einsetzen noch immer nutzt.
3. Ein haftungsbegründender Behandlungsfehler kann bei anfänglicher geringfügiger Beweglichkeit der Zahnprothese nur angenommen werden, wenn dem Zahnarzt im Rahmen der Weiterbehandlung Gelegenheit zur Vornahme von Korrekturen gegeben worden ist und ihm dabei eine Korrektur vorwerfbar nicht gelingt.
4. Kosten einer wegen eines zahnärztlichen Behandlungsfehlers bei Einfügung einer Zahnkrone notwendigen Nachbehandlung stellen nur dann bereits einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar, wenn der Patient diese Nachbehandlung schon hat durchführen lassen.
Eine Klage auf Vorschusszahlung zur Selbstvornahme der Mängelbeseitigung kommt wegen des Rechtscharakters als dienstvertragliche Leistungen nicht in Betracht.
5. Kein Schmerzensgeld bei allenfalls geringfügigen, zeitweisen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens durch freiliegende Zahnhälse.
Die schriftliche Überprüfung für die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis kann (auch) in Nordrhein-Westfalen im Antwort-Wahl-Verfahren (multiple choice) erfolgen.
+++ Arzthaftung Behandlungsfehler +++
BGH - OLG Karlsruhe - LG Mannheim
8.1.2008
VI ZR 118/06
Ist ein grober Behandlungsfehler (hier: Hygienefehler bei intraartikulärer Injektion) festgestellt, muss der Arzt beweisen, dass die Schädigung des Patienten nicht auf dem Behand-lungsfehler beruht, sondern durch eine hyperergisch-allergische Entzündungsreaktion verursacht ist.
+++ Arzthaftung Amtshaftungsrecht +++
BGH - OLG Celle - LG Lüneburg
31.1.2008
III ZR 186/06
Es wird daran festgehalten, dass die Behandlung eines Patienten in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Landeskrankenhauses auch dann öffentlichrechtlicher Natur ist, wenn sie im Einverständnis des Patienten und seines Betreuers und nicht etwa aufgrund einer hoheitlichen Unterbringung erfolgt. Grundlage für Schadensersatzansprüche aus Behandlungsfehlern ist daher die Amtshaftung und nicht etwa eine privatrechtliche Haftung wegen positiver Vertragsverletzung (Bestätigung der Senatsurteile BGHZ 38, 49 und vom 19. Januar 1984 - III ZR 172/82 = NJW 1985, 677).
+++ Überweisung eines Patienten +++
OLG Naumburg - LG Magdeburg
18.01.2008
1 U 77/07
Bei einer Überweisung eines Patienten zu einer Befunderhebung richtet sich der Umfang der geschuldeten ärztlichen Leistungen nach dem in der Überweisung genannten Auftrag.
Erfolgt eine Überweisung zur eigenverantwortlichen Abklärung einer Verdachtsdiagnose, so entsteht mit der Übernahme dieses Auftrags eine Verpflichtung zur Erhebung aller notwendigen Befunde, um den Verdacht entweder zu bestätigen oder auszuschließen. Der Überweisungsauftrag umfasst dann auch die vollständige Auswertung der erhobenen Befunde.
Wird hingegen die Überweisung zur Ausführung einer konkret benannten Diagnosemaßnahme vorgenommen, so beschränkt sich die geschuldete und erlaubte ärztliche Leistung auf diese Maßnahme. Es bleibt Sache des überweisenden Arztes, die Ergebnisse der Befunderhebung zu interpretieren und hieraus z. Bsp. therapeutische Schlussfolgerungen abzuleiten.
(Der hier vorliegende Überweisungsauftrag „CT BWS/LWS – ossär metatast. PCA – beg. Querschnittssymptomatik“ ist ein beschränkter Auftrag im letzt genannten Sinne.)
Ein Arzt kann zu Schadensersatz verpflichtet sein, wenn er einen akuten Herzinfarkt übersieht.
Im Streitfall hatte ein 34 jähriger Mann frühmorgens wegen verschiedener Beschwerden den Bereitschaftsdienst alarmiert. Trotz Schmerzen im Brustbereich, Bluthochdrucks und familiärer Vorbelastung behandelte der Mediziner den Patienten nur wegen eines Infekts. Bald darauf fiel der Kranke ins Koma und erlitt dadurch einen bleibenden Hirnschaden.
Die Klage wurde zunächst abgewiesen. Dem Antrag auf Zulassung der Revision wurde durch den BGH stattgegeben.
BGH, Beschluss vom 16.10.2007, Az.: VI ZR 229/06
Arztstrafrecht
+++ Mehrfachverwendung von Propofol mit tödlichen Ausgang kann Vorsatzdelikt sein +++
Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob ein Anästhesist, der ein Narkotikum mehrfach verwendet und dadurch den Tod eines dreijährigen Mädchens verursacht hat, zu Recht verurteilt worden war.
Der angeklagte Anästhesist war zunächst wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Nach siebentägiger Verhandlung wurde der Anästhesist mit Urteil vom 18.07.2007 durch das LG Ellwangen wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie eines weiteren Falls der Körperverletzung zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Nach den Urteilsfeststellungen versetzte der Angeklagte zwei Patienten mit einem mit Bakterienkeimen kontaminierten Arzneimittel in Narkose. Weil der Angeklagte entgegen den Regeln der ärztlichen Kunst sowie der ausdrücklichen Gebrauchsinformation des Herstellers die Flasche, die das Narkotikum beinhaltete, mehrfach verwendete, war es zur Verkeimung des Flascheninhalts gekommen. Während einer der beiden Patienten, ein 42-jähriger Mann, nach zweiwöchiger Erkrankung wieder völlig gesundete, verstarb die andere Patientin, das dreijährige Mädchen Sina-Mareen, infolge eines septisch-toxischen Schocks.
Der BGH hat die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten verworfen.
BGH, vom 20.12.2007, Az: 1 StR 576/07
Krankenhausrecht
§§ 35 ff GWB
++ Zur Fusionskontrolle bei Krankenhauszusammenschlüssen ++
Im zu entscheidenden Fall ging um den Erwerb des Kreiskrankenhauses Bad Neustadt an der Saale durch die Rhön-Klinikum AG (nachfolgend: Rhön AG). Die Rhön AG gehört zu den führenden privaten Krankenhauskonzernen in Deutschland. Der Landkreis Rhön-Grabfeld betreibt als Eigenbetrieb das Kreiskrankenhaus Bad Neustadt an der Saale. Im September 2004 meldete die Rhön AG beim Bundeskartellamt das Vorhaben an, das Kreiskrankenhaus zu erwerben. Das Bundeskartellamt hat den angemeldeten Zusammenschluss untersagt. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das OLG Düsseldorf zurückgewiesen.
Der BGH hat die Rechtsbeschwerde der Zusammenschlussbeteiligten, mit der sie die Freigabe des Zusammenschlusses erreichen wollten, zurückgewiesen. Der BGH hat damit die Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt bestätigt.
Das Gericht hat zunächst klargestellt, dass weder die Regelungen des Sozialrechts über die gesetzliche Krankenversicherung noch die Bestimmungen zur Krankenhausfinanzierung die Fusionskontrolle ausschließen. Insbesondere § 69 SGB V unterstelle nur die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäusern abschließend dem Sozialrecht, verdränge aber nicht die Fusionskontrolle beim Zusammenschluss von Krankenhäusern.
Nach Auffassung des Gerichts bieten Krankenhäuser die stationäre Behandlung nicht nur Privatpatienten, sondern auch den gesetzlich versicherten Patienten auf einem Wettbewerbsmarkt im Sinne der deutschen Fusionskontrolle an. Zwar fragten aufgrund des Sachleistungsprinzips der gesetzlichen Krankenversicherung die Krankenkassen die stationären Behandlungsleistungen für Kassenpatienten nach und zahlten das dafür geschuldete Entgelt. Die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern stehe jedoch der Annahme eines Wettbewerbsmarktes nicht entgegen. Auch den Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung stehe ein Wahlrecht hinsichtlich des Krankenhauses zu, in das sie sich zu einer Behandl! ung begäben. Aufgrund dieser Auswahlentscheidung komme es zu einem eigenen Behandlungsvertrag mit dem jeweiligen Krankenhaus. Weil die Patienten die Entscheidung treffen, bei welchem Krankenhaus die Behandlungsleistung nachgefragt wird, seien sie und nicht die Krankenkassen die fusionsrechtlich maßgebliche Marktgegenseite für das Angebot von Krankenhausleistungen. Zwischen Krankenhäusern bestehe auch erheblicher Qualitätswettbewerb, etwa bei der fachlichen Qualifikation von Ärzten und Pflegepersonal oder der sachlichen Ausstattung.
Der BGH teilt die Erwartung von Oberlandesgericht und Bundeskartellamt, dass der Zusammenschluss zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung der Rhön AG auf dem Markt für akutstationäre Krankenhausdienstleistungen im Gebiet Bad Neustadt/Bad Kissingen führen würde. Jedenfalls bei einer Fusion von Allgemeinkrankenhäusern sei der sachlich relevante Markt nicht nach medizinischen Fachabteilungen abzugrenzen. Die Gebiete Schweinfurt und Würzburg seien nicht in den räumlich relevanten Markt einzubeziehen, da Patienten aus diesen Gebieten kaum Krankenhäuser in Bad Neustadt/Bad Kissingen aufsuchen. Krankenhäuser in Schweinfurt und Würzburg stellten allerdings umgekehrt für Patienten aus Bad Neustadt/Bad Kissingen eine ! Behandlungsmöglichkeit dar, die auch in nicht unerheblichem Umfang wahrgenommen wird. Diese Krankenhäuser seien deshalb als Anbieter im räumlich relevanten Markt zu berücksichtigen. Die Rhön AG halte hier schon jetzt einen Marktanteil von deutlich über 40%. Es könne dahinstehen, ob daraus bereits eine marktbeherrschende Stellung folgt. Jedenfalls würde durch den Zusammenschluss eine solche Stellung begründet oder verstärkt werden. Das ergebe sich aus der zu erwartenden Addition von Marktanteilen, dem Marktanteilsabstand zu dem nächstgrößeren Wettbewerber in Schweinfurt und der weiteren Verstärkung der in vielfacher Hinsicht schon bestehenden Überlegenheit der Rhön AG, etwa durch Optimierung der Auslastungsquoten im Wege konzerninterner Steuerung der Patientenströme und durch Synergieeffekte, die wegen der räumlicher Nähe der am Zusammenschluss beteiligten Krankenhäuser ermöglicht würden.
Vorinstanz
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2007 - VI Kart 6/05 (V)
Krankenversicherungsrecht
+++ GKV-Versicherte haben Anspruch auf "Lorenzo's Öl" +++
Neben dem LSG Hessen hat das LSG Sachsen-Anhalt entschieden, dass die Krankenkassen die Kosten für eine Behandlung mit "Lorenzo's Öl" übernehmen müssen.
"Lorenzo's Öl" ist eine Spezialölmischung zum Einnehmen und bei einer seltenen unheilbaren Fettstoffwechselkrankheit die einzige Möglichkeit, das Auftreten schwerer Nervenschädigungen zu verzögern oder aufzuhalten. Die Kosten für eine Versorgung mit "Lorenzo's Öl" betragen monatlich deutlich unter 1.000 Euro. Die Krankenkasse des Klägers hatte eine Versorgung mit "Lorenzo's Öl" trotz ärztlicher Verordnung abgelehnt, weil es sich um ein diätisches Lebensmittel handele, für das die Krankenkasse nicht zuständig sei. Die Klage beim Sozialgericht blieb ohne Erfolg.
Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei "Lorenzo's Öl" um ein Fertigarzneimittel. Unerheblich für eine ärztliche Verordnung sei, dass hierfür keine arzneimittelrechtliche Zulassung vorliegt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG könnten für gesetzlich Krankenversicherte ausnahmsweise bei einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung auch nicht zugelassene Arzneimittel verordnet werden. Zwar liege hier keine unmittelbar lebensbedrohliche Krankheit vor, aber es ist von einer kontinuierlichen Verschlechterung über Jahrzehnte auszugehen. Da eine andere medizinische Behandlung ausscheidet und "Lorenzo's Öl" langjährig erprobt ist, bestehe nach Auffassung des Gerichts eine notstandsähnliche Lage. Die Verordnung! von "Lorenzo's Öl" entspreche auch den Grundsätzen der Qualität und der Wirtschaftlichkeit. Daher müsse die Krankenkasse des Klägers die Behandlungskosten übernehmen.
LSG Halle, Urteil vom 20.06.2007; die Revision ist anhängig beim BSG.
Quelle: Juris
+++ BSG prüft Hausarztvertrag +++
Das BSG wird sich am 06.02.2008 mit der Frage befassen, ob der Hausarztvertrag der BARMER Ersatzkasse die Anforderungen an eine "integrierte Versorgung" der Versicherten erfüllt und klären, welche Voraussetzungen ein Vertrag zwischen einer Krankenkasse und Leistungserbringern erfüllen muss, damit er als integrierter Versorgungsvertrag im Sinne der gesetzlichen Regelung anerkannt werden kann.
Die BARMER Ersatzkasse schloss im Dezember 2004 mit einer Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft und der Marketinggesellschaft Deutscher Apotheker einen "Vertrag zur integrierten Versorgung durch Hausärzte und Hausapotheken". Danach erhalten die Versicherten dieser Krankenkasse die Möglichkeit, sich freiwillig an dem "Hausarztvertrag" zu beteiligen. Dabei verpflichten sich die Versicherten, aus einer Liste einen Hausarzt auszuwählen und Fachärzte nur auf dessen Überweisung hin in Anspruch zu nehmen; zudem sind sie gehalten, verordnete sowie zur Selbstmedikation gekaufte Arzneimittel ausschließlich in einer gewählten Hausapotheke zu erwerben. Die an dem Hausarztvertrag teilnehmenden Hausärzte und Apotheken erhalten von der Krankenkasse z! usätzliche Vergütungen.
Die BARMER Ersatzkasse behielt unter Berufung auf diesen Hausarztvertrag 0,58% der von ihr an die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen ab 2005 zu zahlenden Beträge ein. Die Kassenärztliche Vereinigung ist der Auffassung, dass der BARMER Hausarztvertrag keinen Vertrag zur integrierten Versorgung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen darstellt und der Vergütungsabzug deshalb unberechtigt ist. Ihre Klage gegen die BARMER Ersatzkasse auf Zahlung der für die Quartale I/2005 bis I/2006 einbehaltenen Beträge in Höhe von ca. 408.000 Euro hatte in den Vorinstanzen Erfolg.
BSG, Termintipp vom 25.01.2008, Az: 6 KA 27/07
+++ Grober Behandlungsfehler und Beweislastumkehr +++
Thüringer OLG - LG Gera
19.12.2007
4 U 171/06
Grober Behandlungsfehler und Beweislastumkehr
1. Ein grober Behandlungsfehler führt (auch) dann zu einer Beweislastumkehr (zu Lasten der Behandlungsseite), wenn der Fehler (nur) geeignet ist, einen Schaden, wie er tatsächlich eingetreten ist, herbeizuführen; nahe legen oder wahrscheinlich machen muss der Fehler den eingetretenen Schaden nicht. Eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Ursachenzusammenhang zwischen grobem Behandlungsfehler und Schaden gänzlich bzw. äußerst unwahrscheinlich ist.
2. In diesem Zusammenhang sind Einwendungen einer Partei gegen das gerichtliche eingeholte Sachverständigengutachten ernst zu nehmen; insbesondere ist Beweisanträgen auf ergänzende (gastroenterologische und pharmakologische) Sachverständigengutachten nachzukommen, wenn das Fachwissen des vom Gericht bestellten Frauenarztes zur Klärung der aufgeworfenen Beweisfragen nicht ausreichend ist. Das (erstinstanzliche) Gericht darf sich nicht damit begnügen, die Geeignetheit eines Behandlungsfehlers für den eingetretenen Schaden zu verneinen, wenn hierzu der angehörte Sachverständige (Frauenarzt) lediglich ausgesagt hat, ihm sei eine derartige Schadensfolge in seiner mehr als 40 jährigen Praxis noch nicht begegnet.
BGB § 823
Link zum vollständigen Leitsatz und zur Entscheidung: http://www.rechtscentrum.de/pdflink.php?db=zivilrecht&nr=22853 +++ Höhe des Schadensersatzes für Pflege- und Betreuungsaufwand nach Geburtsschaden +++
OLG Zweibrücken - LG Landau
13.11.2007
5 U 62/06
Arzthaftung: Höhe des Schadensersatzes für Pflege- und Betreuungsaufwand nach Geburtsschaden
Zur Bemessung des Schadensersatzes wegen eines vermehrten Bedürfnisses für Pflege und Betreuung eines durch einen ärztlichen Behandlungsfehler bei der Geburt schwer geschädigten Kindes durch Eltern im Rahmen häuslicher Gemeinschaft und durch fremde Hilfskräfte, insb. zur Bewertung sog. „Bereitschaftszeiten” der Eltern.
BGB §§ 843 Abs. 1 u. 4, 1836 Abs. 1 u. 2
ZPO § 287
1. Eine konservative Therapie, die gegenüber der operativen Behandlungsalternative erhebliche Nachteile und Risiken aufweist, bedarf für die Rechtmäßigkeit ihrer Durchführung der Einwilligung durch die zuvor entsprechend aufzuklärende Patientin (im Anschluss an BGH NJW 2005, 1718).
2. Es stellt einen haftungsbegründenden Aufklärungsmangel (Mangel der Risikooder Selbstbestimmungsaufklärung) dar, wenn der Arzt die Patientin, die einen schweren Mehrfachtrümmerbruch des Oberarms erlitten hat, nicht über die Möglichkeit der zeitnahen operativen Therapie (Endoprothese) informiert und stattdessen eine riskante und wenig Erfolg versprechende konservative Therapie durchführt, ohne die Patientin zuvor über deren erhebliche Nachteile und Risiken aufzuklären.
3. Für einen solchen Aufklärungsfehler hat auch ein Chefarzt, der persönlich nicht bei der Erstaufnahme der Patientin mitgewirkt hat, aufgrund Organisationsverschuldens einzustehen, wenn er keine organisatorische Vorsorge dafür getroffen hat, dass in solchen Fällen eine das Selbstbestimmungsrecht der Patientin wahrende Aufklärung tatsächlich erfolgt. greift er später in das Behandlungsgeschehen ein, hat er sich wenigstens über die Durchführung der Aufklärung zu erkundigen und bei deren Fehlen diese nachzuholen bzw. nachholen zu lassen.
4. Hat der Arzt eine ohne Vornahme der erforderlichen Selbstbestimmungaufklärung des Patienten eine riskantere und erheblich weniger Erfolg versprechende konservative Behandlungsmethode gewählt, deren Risiken sich dann verwirklicht haben, so betrifft die Frage, ob eine operative Behandlung im konkreten Fall zu einem besseren Ergebnis geführt hätte oder nicht, nicht die Kausalität der tatsächlich durchgeführten konservativen Behandlung für den eingetretenen Schaden, sondern den hypothetischen Kausalverlauf im Falle des rechtmäßigen Alternativverhaltens, für den der Arzt die Beweislast trägt (im Anschluss an BGH NJW 2005, 1718, 1719).
5. Der einem Schädiger obliegende Beweis dafür, dass auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten derselbe Schaden eingetreten wäre, ist jedenfalls misslungen, wenn - sachverständig beraten - festzustellen ist, dass im Falle des rechtmäßigen Alternativverhaltens der Schaden mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% vollständig ausgeblieben wäre.